Stadtbäume in Gefahr

Quelle: Augsburger Allgemeine, Uli Bachmeier, 29.6.2019

Naturschützer fordern bayerische Kommunen auf, sich stärker für die „natürlichen Klimaanlagen“ einzusetzen

München: Bäume sind wertvoll für Klimaschutz, Artenschutz und Lebensqualität – ganz besonders in der Stadt. Dennoch müssen nach Aussage des Bund Naturschutz (BN) in den Kommunen in Bayern immer mehr Bäume weichen. Kommunale Baumschutzverordnungen, so BN-Chef Richard Mergner, könnten Bäume retten. Weil es solche Verordnungen bisher nur in 94 der 2056 bayerischen Kommunen gibt, fordert er vom Landtag eine verpflichtende Regelung. Außerdem, so Mergner, hätte die Staatsregierung nach dem Bienen-Volksbegehren den Landwirten versprochen, auch die Kommunen für den Artenschutz in die Pflicht zu nehmen.

„In Zeiten der Klimakrise mit steigender Hitzebelastung in den Zentren sind Stadtbäume und innerstädtische Grünflächen als natürliche Klimaanlagen überlebensnotwendig für die Bevölkerung“, sagt Mergner. Ein ausgewachsener Laubbaum mit 15 Meter Kronendurchmesser, so rechnet er vor, entfalte bei Hitze eine doppelt kühlende Wirkung: Der Baum verdunste an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser, was allein schon zu einer Abkühlung der Umgebung führe. Zugleich spende er einer Fläche von etwa 160 Quadratmetern Schatten.

Um die Bäume in den Städten zu schützen oder zumindest dafür zu sorgen, dass gefällte Bäume durch Neupflanzungen ersetzt werden, hätten sich Baumschutzverordnungen, wie es sie in München, Augsburg und 92 weiteren bayerischen Kommunen gibt, als wirksames Instrument erwiesen. Zwar seien zum Beispiel auch in München trotz Verordnung in den vergangenen fünf Jahren rund 10 000 von etwa 110 000 Straßenbäumen verloren gegangen. Eine Umfrage des Bund Naturschutz unter den Städten und Gemeinden aber habe ergeben, dass 83 Prozent der Kommunen, in denen es eine Baumschutzverordnung gibt, diese als wichtig für den Baumschutz erachten.

Baumschutzverordnungen regeln, dass Bäume ab einem bestimmten Stammumfang – zum Beispiel 60, 80 oder 100 Zentimeter – nur noch aus bestimmten Gründen gefällt werden dürfen. Sie regeln zudem, welche Ersatzmaßnahmen, etwa Neupflanzungen oder Geldzahlungen, fällig werden, und welche Sanktionen es bei Verstößen gibt. Stadt- oder Gemeinderäte könnten weitere Bestimmungen aufnehmen und die Verordnung nach ihrem Willen und angepasst an die örtliche Situation gestalten. Dass viele Kommunen vor einer derartigen freiwilligen Selbstverpflichtung bisher zurückschreckten, hat nach Ansicht von Daniel Mühlleitner, dem Projektkoordinator „Stadtbäume“ bei Bund Naturschutz, vor allem mit zwei „Vorurteilen“ zu tun: Dass Bäume gefällt werden, bevor sie groß genug sind, um unter Schutz zu stehen, oder dass Bäume gefällt werden, bevor eine Baumschutzverordnung in Kraft tritt. Belastbare Belege dafür, dass es diese Effekte in nennenswertem Umfang gibt, hätte die Umfrage aber nicht ergeben. Und klar sei obendrein, so Mühlleitner, dass auch bei einer bestehenden Baumschutzverordnung Bäume beseitigt werden könnten – „aber man braucht halt einen guten Grund“.