Pressemitteilung zum Kommentar „Die Stadt ist kein Wald“

Pressemitteilung zum Kommentar „Die Stadt ist kein Wald“ (AZ, 15.10.2022)

Stefan Krogs Behauptung „Die Stadt ist kein Wald“ ist in zweierlei Hinsicht schwach: Erstens behauptet der Autor das Offensichtliche. Selbstverständlich ist die Stadt kein Wald, sondern immer eine Stadt. Lebenswerte Städte haben Grünflächen, und diesen werden seit dem 21. Jahrhundert von guten und nachhaltig handelnden Stadtplanern ein besonderes Augenmerk verliehen. Zweitens – und das ist die eigentliche Problematik der Behauptung – suggeriert Sie ortsunkundigen Lesern, dass auf dem Bahnhofsvorplatz 400 – 500 Bäume stehen würden, der Ort quasi zum Wald verkommen sei. Freilich ist dies nicht der Fall, denn die rund 40 Bäume auf 2 Ha machen definitiv noch keinen Wald! Insofern fällt dieses unglücklich gewählte Totschlagargument dem Urheber gleich zweifach auf die Füße. Im Gegenzug, und mit der gleichen Effektlosigkeit, könnte man auch folgendes Totschlagargument anfügen: „Die Stadt ist kein Parkplatz“, nur dass man im Kontext des Bahnhofsvorplatzes vielleicht anfügen muss, dass es innerhalb von 300 Meter bereits über 2.000 PKW-Stellplätze in Parkhäusern gibt – die Stadt ist an dieser Stelle also tatsächlich schon ein riesiger Parkplatz. Autos finden am Augsburger Hauptbahnhof also bereits reichlich vorhandene Parkplätze, und die ca. 40 Platanen stehen hierbei wahrlich nicht im Weg. Was will der Autor denn noch?

Zu 2. Absatz: „[Für die] Aktion [des Klimacamps] hätte es bessere Anlässe gegeben“

Welche besseren Anlässe zum Protest hätte es denn zum Beispiel gegeben? Mittlerweile muss man die Stadtverantwortlichen bei jeder Möglichkeit daran erinnern, dass sie ihr Klimaversprechen nicht einhält. Blue City, Fahrradstadt, Baumschutzverordnung und Klimaversprechen sind bis dato leere Versprechungen. Also gibt es tatsächlich keine besseren Protest-Anlässe als diejenigen, bei denen man aufzeigen kann, dass die Stadtverantwortlichen Geld für Flächenversiegelung sinnlos zum Fenster hinauswerfen. Die Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes, so wie sie aktuell vorgesehen ist, ist abermals ein unglaubwürdiges Bekenntnis zu einer nachhaltigen und zeitgemäßen Stadtentwicklung und ist somit ein sehr geeigneter Anlass, die Unbeholfenheit der Stadt in puncto zeitgemäßer Planung aufzuzeigen.

 Zu 2. Absatz: „Die Mengen [an entzogenem CO2] pro Baum sind überschaubar“

Diese Behauptung ist widersprüchlich. Vielmehr zeigt Krog hier auf, dass es tatsächlich viel mehr an Bäumen und viel weniger an CO2-Ausstoß in der Stadt bedarf, um in Sachen Klima effektiv zu werden. Warum wirft er hier argumentativ die Flinte so früh ins Korn? Würde ihm sein Arbeitgeber 1.000 Euro für einen 2.000 Euro teuren Urlaub als Zuschuss geben, dann wäre Krogs Ablehnung dieser Zuwendung genauso borniert, wie zu behaupten, Bäume schaffen es ja von vorneherein nicht, genügend CO2 zu binden. Es muss also jeder weitere Stadtbaum begrüßt werden, genauso wie er, davon gehen wir aus, einen Urlaubszuschuss dankend annehmen würde.

 Ebenfalls zu 2. Absatz: „Stadtbäume sorgen in Sachen Klimaschutz eher für ein grünes Gewissen als für Effekte“

Diese Aussage ist plakativ, inhaltslos und eines Journalisten vom Rang eines Stefan Krog nicht würdig, da ihm die internationalen wissenschaftlichen Studien über die nachweislich positiven Umwelteffekte von mehr Grünflächen und mehr großgewachsenen Stadtbäumen eigentlich bekannt sein sollten. Krog ignoriert wichtige Tatsachen: Stadtbäume binden CO2, sie senken die Temperatur in der Innenstadt, sie verbessern das Mikroklima, sie spenden Schatten und Wohlbefinden, sie fördern die Artenvielfalt und vieles mehr. Man muss Krogs Auffassung als realitätsfern bezeichnen, wenn er die von ihm verschwiegenen Vorteile der Stadtbäume als „grünes Gewissen“ abtut. Zudem ist es bedenklich, den Vorteilen, die Stadtbäume mit sich bringen, ein bestimmtes politisches Gewand überzustreifen („grünes Gewissen“). Will Krog mit seiner Phrase tatsächlich ein schwarz-rot-gelbes Gewissen stärken? Will er tatsächlich Versiegelung mit all ihren katastrophalen Auswirkungen als Effekt?

 Zu 4. Absatz
Auch hier formuliert Krog unglücklich, denn alle in diesem Absatz gestellten rhetorischen Fragen sind bereits mit „Ja“ beantwortet, wodurch dem Autor eine sicherlich von ihm nicht beabsichtigte, aber dennoch erkennbare Rückwärtsgewandtheit in Sachen Stadtplanung anhaftet. Abermals fragt man sich: will der Autor in unserem schönen Augsburg wirklich Betonwüsten bei gleichzeitig absinkender Lebensqualität, aus denen nur einige sehr wenige Investoren Rendite schlagen können, und dies dann nur in finanzieller Hinsicht? Sollte es nicht vielmehr das Ziel sein, Augsburg weiterhin als lebenswerten Ort zu erhalten? Bedauerlicherweise können wir so etwas in Stefan Krogs Kommentar nicht erkennen.

Zu 5. Absatz: „Zum Bahnhofsvorplatz ist noch zu wenig bekannt, was umgeplant werden müsste, wenn die prägende Baumgruppe vor dem Heliocenter erhalten werden soll.“

Die Behauptung ist so nicht richtig. Man hätte von einem Journalisten, der mit einem Bein in den PR-Abteilungen der verantwortlichen Parteien steht, zutreffendere Aussagen erwartet. Wenn die Bäume stehen bleiben sollen, dann ist doch tatsächlich schon bekannt, dass man sich darum bemüht, die Bäume stehen zu lassen, und dass stattdessen eben keine Parkplätze kommen, die bereits vieltausendfach im direkten Umfeld existieren und nicht genutzt werden.

 Zu letzter Absatz: „Beim Königsplatz-Umbau gab es durchaus Gründe, einen Teil der Bäume des dunklen Kö-Parks zu fällen und für mehr Durchgängigkeit zu sorgen.“

Auch diese Behauptung entspricht nicht den Tatsachen. Der Kö-Park war vor dem Umbau weder dunkel, noch mangelte es an Durchgängigkeit. Die Stellen, an denen ursprünglich Bäume den Bürgern und Umsteigern Schatten spendeten, sind jetzt komplett verdichtet und zugepflastert. Hingegen ist die Situation, die für soziale Spannungen sorgt, geblieben. Die damalige Chance, ein „Umsteigen im Park“ zu ermöglichen, wurde zu Gunsten der Pflaster- und Beton-Lobby und, wie so oft in dieser Stadt, auf Kosten des Klimaschutzes vertan.

 Insgesamt werden im Kommentar leider wichtige Tatsachen verschwiegen. Zudem enthält er eine äußerst plakative und nicht unpolitisch formulierte Phrase (Bäume als „grünes Gewissen“) sowie ein unnützes Totschlagargument („die Stadt ist kein Wald“). Dem wiederholten Versuch der Oberbürgermeisterin, ihre Stadt in Sachen Klima endlich aktiv werden zu lassen, nützt er somit herzlich wenig. Damit hat Stefan Krog den Regierungsverantwortlichen einen Bärendienst erwiesen. Sie hatten sich in dieser Hinsicht sicherlich Anderes erhofft.

Alexander Schmidt, im Namen des Vorstands

P.S.: Dass klimaschonende, nachhaltige Stadtplanung auch anders gehen kann, zeigt aktuell die Stadt München bei seinem Projekt Einfahrt und Oberfläche des Altstadttunnels, siehe Artikel Süddeutsche Zeitung: https://t1p.de/5gih6