Die Baum-Allianz Augsburg e.V. ist gemäß § 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) in Bayern eine anerkannte Umweltvereinigung. info@baumallianz-augsburg.de

Grünverlust: Wintersaison 2024/2025

Quelle: Baum-Allianz, 13.3.2025

Die Vogelschutzzeit hat zum ersten März begonnen, die Zeit der Baumpflegerückschnitte und -fällungen 2024/2025 ist damit vorüber. Ein Grund für die Baum-Allianz Rückblick zu halten. Denn auch in dieser Wintersaison haben uns viele Bürger wegen Verlusten von ihnen liebgewonnenen Bäumen und Gehölzen auf ihren alltäglichen Wegen wie in ihrem direkten Umfeld kontaktiert. Zum Teil, weil für sie in keiner Weise ersichtlich war, dass diese krank gewesen wären, zum Teil weil ihnen die vorgenommenen Rückschnitte eher wie Verstümmelungen vorkamen als wie Pflegemaßnahmen. Auch wurde von einigen Bürgern bedauert, dass es keine Vorab-Informationen zu den anstehenden Maßnahmen gab.

Die darauf von der Baum-Allianz vorgenommenen Überprüfungen kamen denn auch in vielen Fällen zu einem fachlich nicht nachvollziehbaren und im Sinne des Umwelt- und Naturschutzes wenig schönen Bild. Vier unterschiedliche Beispiele zeigen dies deutlich:

  • In der Herrenbachstraße 44 (gegenüber der Herrenbachschule) verläuft ein kleiner ungenutzter Grünstreifen entlang des Zauns zur Schrebergartenanlage Herrenbach. An diesem Zaun von 50 Metern Länge wurde das gesamte Gebüsch in einer Höhe von 3 m und einer Breite von 2 m durchlaufend auf Stock gesetzt. Wo es früher Unterschlupf für viele Tiere, Schutz und Brutgelegenheiten für Vögel für gab, ist nunmehr alles weg.
  • Ebenfalls wurden von der Reischleschen Wirtschaftschule bis in den Hochfeldanger alle Holunderbüsche bis auf den Boden abgesägt. Und in der Grünanlage selbst, die im Hochfeld parallel zur Von-Parzeval-Straße verläuft, direkt hinter einer Bank mehrere Holunder, eine Kornelkirsche und zwei mächtige über 50 Jahre alte Weißdorne. Die Gebüschformation war früher eine Freude für die dortigen Anwohner, bei denen nun doppelte Empörung herrscht, nachdem einer von ihnen nach dem Kahlschlag beim Amt für Grünordnung anrief und als Begründung dafür gesagt bekam, „dass sich an der Bank oft jugendliches Gesindel aufgehalten habe und das Grün habe weichen müssen, damit die Polizei sehen kann, wohin es davonläuft“.

  • Erneut gefällt wurde auch wieder am Hochablass, diesmal am Westufer flussaufwärts Richtung Süden entlang des kleinen Grabens, in dem ab März viele Fische und Kröten laichen und der nahezu parallel zum Damm verläuft auf einer Länge von etwa 1,7 km. Als Grund für die Fällungen wurden Verkehrssicherungsmaßnahmen für den Damm angegeben. Die AZ berichtete aufgrund der Meldung entsetzter Bürger am 12.1.2025 darüber. Weiterlesen auf Augsburger Allgemeine (PLUS +, kostenpflichtig).

Die Fällungen lagen im Altersklassen-Bereich 20-30 Jahre/ 40-50 Jahre, wenige Altbäume mit 70-80 Jahre. Der Großteil waren Eschen, daneben Erlen, wenige Hainbuchen bzw. Rotbuchen.

Doch nur bei etwa 5% der gefällten Bäume waren Stammbeschädigungen zu sehen –Kernfäule, Kernhöhlen, seitl. Morschstellen – und etwa weitere 10% zeigten Verfärbungen im Bereich des Kernholzes auf. Dennoch waren diese 10 Prozent noch völlig stabil und ohne Vermorschungsanzeichen, hätten also (noch) nicht gefällt werden müssen. Die restlichen 85% der Baumscheiben waren gesund. Da der Standort am Rand des ehemaligen Auwaldes liegt und somit zur Waldrand-Schutzzone gehört, sind Bäume der Altersklassen ab 40 Jahre und älter dort besonders wichtig und nötig. Zudem wurden bei den Fällarbeiten leider auch schwere Maschinen eingesetzt, sodass neben vielen Kollateralschäden an Jungbäumen auch eine massive Bodenverdichtung stattfand. Diese Bodenverdichtung ist besonders in den Ablade-Einrückungen negativ, da der sehr lockere Waldboden dort keinen Widerstand leisten kann und die Boden-Fauna bald absterben wird – ein normaler Stoffkreislauf über Wurzeln-Symbionten-Pilzverwertern-Herbivoren-Carnivoren bis zu den Zersetzern abgestorbener organischer Substanzen wie z.B. Totholz und Laub, entfällt in diesen Arealen.

Hinterfragt werden muss hier auch, ob es unbedingt in einem FFH-Gebiet nötig ist, eine alte Rückegasse direkt neben dem Wassergraben wieder zu eröffnen, obwohl unmittelbar neben ihr – keine 15 Meter entfernt – bereits ein paralleler Weg auf ca. der halben Länge der Fällstrecke verläuft.
Besonders negativ fiel unserem Baumexperten die Fällung einzelner Systembäume auf, die an exponierten Stellen wichtige Funktionen gehabt haben und deren Fehlen nun einer weiteren Reduktion der Waldflächen Vorschub leisten wird. Hier wurde das Denken in ökologischen Zusammenhängen völlig außer Acht gelassen. Denn für den kleinen Graben als Laichgewässer für Amphibien und kleine Fischarten wäre im Wasser weniger Totholzeintrag gut als dort nach den Fällungen nun vorhanden ist. Ebenso fehlt hier nun durch eine nicht mehr intakte Randgehölz-Baumreihe der bisherige Halbschatten, der bisher dafür gesorgt hat, den Wasserspiegel nicht so rasch absinken zu lassen. Wobei der Aspekt weiteren Gehölzverlustes durch Biberfraß noch nicht einmal eingerechnet ist.

  • Die Esche an der Wallmauer bei St.-Stephan wird von unserem Baumexperten seit Jahren begutachtet und vermessen. Im Jahr 2022 hatte sie einen Umfang von 5,22 Meter und ist damit die zweitstärkste in Augsburg und unter den 10 stärksten und damit auch ältesten Eschen des Freistaates Bayern.
    Umso schlimmer ist es, dass sie leider ein nur allzu gängiges Beispiel für falsche Baumpflege und vermeidbare Baumverluste über Jahrzehnte hinweg darstellt. Die Esche wurde Anfang 2025 nochmals stark zurückgeschnitten, da durch die vorherigen Rückschnitte die Verpilzung und Vermorschung automatisch immer weiter in Richtung Stamm vorangekommen war. Denn, sobald man Einkürzungen von den Astspitzen her vornimmt, um das Größenwachstum des Baumes zu begrenzen, dringen dort Pilze/Bakterien ein und fangen an, sich durch die Äste in Richtung Stamm zu fressen. Der Baum lässt normalerweise solche infizierten Äste absterben und wirft sie dann ab, womit einer weiteren Ausbreitung der Erreger ein Riegel vorgeschoben ist. Dies kann er aber nicht, wenn durch fortwährendes Einkürzen und damit weitere entstehende Sägeflächen immer neue Einfallsherde produziert werden.

Die Pflege der Esche hätte seit 30 Jahren anders laufen müssen, um ihre Vitalität zu erhalten. Doch Baumpflege ist leider noch immer kein Ausbildungsberuf – Kenntnisse über die individuelle Baumbiologie, die Rolle der Wurzeln und der Bodenbeschaffenheit, von Krankheiten, Schädlingen und Schadensdiagnosen und die richtige Pflege sind daher noch immer die Ausnahme, nicht die Regel, auch wenn sich in den letzten Jahren diesbezüglich viel getan hat.